Das selbstständige Beweisverfahren und seine Anwendung im Baurecht

Das "selbstständige Beweisverfahren" wurde als Nachfolger des über 34 Jahren alten "Beweissicherungsverfahrens", in die Zivilprozessordnung (ZPO, §§ 485 bis 494 a) eingefügt.

Was versteht man unter einem "selbstständigen Beweisverfahren"? Wann sollte man es einleiten?

Dem selbständigen Beweisverfahren kommt in baurechtlichen Angelegenheiten eine große Bedeutung zu.

Im Rahmen einese gerichtlichen Verfahrens dient es zur Feststellung von Tatsachen. Anders, als in herkömmlichen Verfahren werden hier allerdings keine Urteile gesprochen, sondern nur die strittigen Fragen geklärt. Daher steht am Ende eines solchen Verfahrens auch kein Urteil, sondern zumeist nur ein schriftliches Gutachten.

Von besonders großer Bedeutung ist ein selbstständiges Beweissicherungsverfahren bei der Feststellung von Baumängeln, sowie deren Verantwortlichkeit, und trägt zur Vermeidung umfangreicher Bauprozesse bei. Als beurteilende Instanz fungiert hierbei ein vom Gericht bestellter Sachverständiger.

Werden von diesem das Vorhandensein von Baumängeln festgestellt und die dafür Verantwortlichen benannt, ist es für den als Gewährleistungspflichtigen ausgemachten, so gut wie unmöglich, seiner Mängelbeseitigungspflicht nicht nachzukommen.

Das selbständige Beweisverfahren soll dazu dienen, den Verlust von wichtigen Beweisen zu verhindern. Diese können auch bereits vor Baubeginn von Bedeutung sein, so z.B., wenn es versäumt wird, wichtige Informationen über die Beschaffenheit des Bodens einzuholen oder die exakte Leistungsbeschreibung vertraglich festzulegen.

Keine Durchführung von Ersatzvornahmemaßnahmen bei verweigerter Mängelbeseitigung

Die weitaus größere Gefahr für den Nachweis von Sachverhalten, besteht jedoch während der Bauphase und geschieht nicht aus Böswilligkeit, sondern ist vielmehr der Ausführung des Bauvorgangs geschuldet. Als Standardbeispiel wird in juristischen Fachveranstaltungen hier gerne das Problem des Bewehrungsstahls genannt, bei dem sich nach Einbetonierung nicht mehr feststellen lässt, ob dieser in der vom Auftraggeber georderten Qualität geliefert wurde.

Nachdem ich zum Thema selbstständige Beweisverfahren die Phasen vor und während des Baubeginns behandelt habe, möchte ich mich nun der Zeit nach der Fertigstellung widmen. Der Bau befindet sich nun in seiner Gewährleistungsphase und es ist keineswegs so, dass sämtliche baurechtlichen Probleme sich nun in Luft aufgelöst haben. Vielmehr gibt es auch hier eine Reihe Situationen, in denen Bedarf besteht an einer schnellen, evtl. gerichtsverwertbaren, Tatsachenfeststellung.

Keinesfalls sollte der Auftraggeber hier überstürzt handeln und vorhandene Mängel in Eigenregie beseitigen lassen. Vor Durchführung solcher Ersatzvornahmemaßnahmen bei verweigerter Mängelbeseitigung durch den Auftragnehmer gilt es zunächst die Verantwortlichkeit zu klären. Andernfalls läuft man bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung Gefahr, dass sich beweiserhebliche Tatsachen nicht mehr eindeutig nachvollziehen lassen und der anstehende Prozess dadurch bereits im Vorfeld zum Scheitern verurteilt ist.
Auch hierbei ist also ein Beweisverfahren das Mittel der Wahl.

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